Teil 4: Vernetzung von Konversions-Oasen
Die räumlichen Voruntersuchungen des Planungsbüros Drees und Sommer beschränken sich nicht auf die theoretisch erkennbaren Vorrausetzungen der Konversionsgrundstücke (eine direkte Untersuchung konnte bisher weder für Fachleute noch für interessierte Bürger ermöglicht werden). Es wurde auch deren Einbettung in gewerbliche, medizinische, kulturelle und verkehrstechnische Infrastruktur aufgenommen. Deshalb ist es folgerichtig, auch den umgekehrten Beitrag eines neuzugründenden Quartiers mit ökologischen Prämissen für dessen Außenbeziehungen zu betrachten.
Wenn das Rochdale-Quartier mit seiner sozio-kulturellen und ökologischen Lebensqualität keine privilegierte Insel bleiben will, sondern eine ansteckende Sogwirkung auf umliegende Stadtteile ausstrahlen soll (dann würden sich die Investitionen gesamtstädtisch erst rechnen), sollte sein innovatives Verkehrserlebnis nicht beim Betreten der Oldentruper Straße enden. Der Beitrag des Quartiers beginnt damit, ein gemindertes KFZ-Aufkommen in den Gesamtverkehr einzuspeisen. Dies kommt den in Teil 3 genannten Maßnahmen des Verkehrsverbunds entgegen. Eine in sich logische Fortführung könnte über die Umwandlung von KFZ-Verbindungen in sog. Fahrradstraßen stattfinden.
Auf Fahrradstraßen nehmen Autos und Radfahrer auf allen Fahrspuren gleichberechtigt am Straßenverkehr teil. Ggf. ist das langsamere Tempo des Rades ausschlaggebend. In Bremen sind die Fahrspuren zwischen den S-Bahnschienen sogar für Fahrräder markiert. Zonen der Entschleunigung entstehen, ohne den Verkehr zu behindern. Die neuen Hochbahnsteige zwischen August-Bebel-Straße und dem Rochdale-Quartier erzeugen durch Fahrbahnverengung ohnehin eine Geschwindigkeitsreduzierung, die dem Charakter einer Fahrradstraße entgegenkommt. Aus purer Verkehrsfunktion werden Lebensadern mit Aufenthaltsqualität an den Randbereichen der Fahrbahn. Es entstehen nie erlebte Standortargumente für Handel und Gastronomie. Stellenweise entstehen zurückgewonnene Begegnungsräume. Der Streckenabschnitt zwischen August-Bebel-Straße bis zur Kreuzung Oldentruper Straße / Otto Brenner-Straße bietet die Chance, dass die Bielefelder Stadtmitte ein wenig weiter in den Nahen Osten vorrückt und ein Pendent zum Bielefelder Westen entwickelt.
Auch das Konversionsareal Catterick wirkt bereits über den „Tellerrand“. So gibt es einen Entwicklungsauftrag für die Verlängerung der Linie 2 von Sieker bis Hillegossen, einen Wechsel von Zweispur- auf Einspurverkehr und Ausbau von Radwegen, die dann ab Sieker bis zur Stadtmitte konsequenterweise fortgeführt werden sollen. Insofern ist Konversion auch ein Stück „Stadtreparatur“, um auch jüngere Planungsfehler (KFZ-zentrierte Ausbau der Detmolder Straße) noch korrigieren zu können.
Wenn also eine schlüssige Verzahnung von Konversions-Oasen mit Modulen der fortschreitenden Verkehrswende betrieben wird, geht ihr Gründungsbeitrag über die Grenzen des Quartiers hinaus.
Die bisher einzige Bielefelder Fahrradstraße in unmittelbarer Nähe zum Rochdale-Quartier ist der Ehlentruper Weg in parallelem Verlauf zur Oldentruper und Oelmühlen-Straße.
Fahrradstraßen im deutschen Zahlenvergleich 2017: Braunschweig 31, Bremen 27, Bielefeld 3 (als vierte ist der abgebundene Niederwall hinzugekommen). Die logistische Versorgung der 600.000-Einwohnerstadt Bremen mit lebenswichtigen Gütern hat nicht darunter gelitten.
Sämtliche Innovationen für quartiersinterne wie für überbezirkliche Mobilitätskonzepte beruhen allerdings auf dem Vertrauen in die Verlässlichkeit und Vertragstreue der Bielefelder Politik zum Katalog der beschlossenen Verkehrswende über einen Machtwechsel hinaus.