Mitmachaktion "Jane`s Walk"
Ich möchte vorschlagen den Konversionsprozess durch regelmässig stattfindende "Jane`s Walk"s zu begleiten. Tja, was ist ein "Jane`s Walk"?
Das weltweit stattfindende Spaziergangs-Event bezieht sich mit seinem Namen auf die Städtebaukritikerin Jane Jacobs. Bekannt wurde sie 1958 durch ihren Artikel Downtown is for People in dem Fortune Magazine, insbesondere aber durch ihr wegbereitendes Buch The Death and Life of Great American Cities (Tod und Leben großer amerikanischer Städte). In diesem kritisierte sie die damals vorherrschende Stadtplanung, insbesondere die so genannten „Flächensanierungen“, bei welchen über Jahre vernachlässigte, jedoch gewachsene Stadtquartiere radikal abgerissen und durch eintönige, meist autogerechte Stadtstrukturen ersetzt wurden. In Opposition hierzu richtete sie ihren Blick auf die Stadt aus der Perspektive der Fußgänger und der Bewohner der Straße. Sie sensibilisierte mit ihrer kritischen Analyse den Blick auch für jene eher marginalen Nutzungen von Gebäuden und Geschäften, die vielleicht wirtschaftlich nur schwach sind, aber zum Charakter und Lebendigkeit eines Stadtquartiers wesentlich beitragen.
Ganz in diesem Sinne versammelt Jane’s Walk jährlich am ersten Mai-Wochenende frei organisierte „Nachbarschafts-Spaziergänge“. Durch Gehen & Beobachten sollen das Interesse und Verständnis für den jeweiligen Stadtteil, für dessen Geschichte, Gestaltung und dessen sozialen Räume gesteigert und der Austausch über aktuelle Stadtentwicklungen angeregt werden.
Wer selbst einen – stets kostenlosen ! – Jane’s Walk anbieten möchte, findet weitere Infos hier >> www.janeswalkottawa.ca
Ich bin der Meinung, dass der Maßstab für Stadtplanung der Mensch sein sollte, der sich zu Fuß oder mit dem Fahrrrad bewegt. Daher schlage ich diese Nachbarschaftsspaziergänge für Bielefeld vor.
Es wäre sicher aufschlussreich, wenn die ersten "Nachbarschafts-Spaziergänge" rund um die Kasernen stattfinden könnten. Vielleicht finden sich Bewohner, die anderen gerne "ihr Quartier" vorstellen möchten. Sie könnten erzählen was sie schön finden dort wo sie leben, aber auch was ihnen fehlt,... In weiteren Schritten folgen dann andere Quariere. Man könnte einen "Nachbarschafts-Spaziergang" auf den schon umgebauten Kasernengeländen machen. Auch hier wäre es schön, wenn Bewohner aus ihrer Perspektive über ihr Quartier sprechen. Vielleicht ergeben sich Erkenntnisse für die Umnutzung der in diesem Konversionsprozess anstehenden Flächen. Durch die Analyse von weiteren Quartieren in Mitte würde sich ein guter Fundus aufbauen um zu erlaufen was ein gutes Stadtquartier ausmacht.
Ich denke wir sind uns einig, dass wir uns lebenswerte Quartiere wünschen. Aber was heißt eigentlich lebenswert? Jan Gehl sagte dazu in einem Interview:
"Es gibt einen sehr simplen Anhaltspunkt. Schauen Sie, wie viele Kinder und alte Menschen auf Straßen und Plätzen unterwegs sind. Das ist ein ziemlich zuverlässiger Indikator. Eine Stadt ist nach meiner Definition dann lebenswert, wenn sie das menschliche Maß respektiert. Wenn sie also nicht im Tempo des Automobils, sondern in jenem der Fußgänger und Fahrradfahrer tickt. Wenn sich auf ihren überschaubaren Plätze und Gassen wieder Menschen begegnen können. Darin besteht schließlich die Idee einer Stadt.
Leider ignorieren die meisten neuen Gebäude und Stadtviertel den menschlichen Maßstab, was Sie an ihren aufgeblähten Dimensionen ablesen können: Gebäude, Straßen und Plätze werden immer größer. Jene, die sie benutzen, die sie schätzen und die sich in ihnen wohlfühlen sollen – also wir –, sind aber immer noch genauso klein wie seit eh und je. Auf diese Weise entstehen Städte, die einem permanent zuraunen: „Geh nach Hause, mein Freund, so schnell du kannst, und schließ die Tür hinter dir.“ Und das hat Folgen."
Ich denke diese Sparziergänge und die Diskussionen die dort entstehen können sind eine wichtige Grundlage um der Antwort auf die Frage "Was ist ein lebenswertes Bielefeld?" etwas näher zu kommen.